Zweitens.

 … und eine Anti-These.


Und im Zusammenhang mit dem Fasten mal eben noch schnell eine Antithese zu Ulfs »Sieben Thesen für die Gemeinde der Zukunft.« 

Naja, Antithese ist jetzt etwas geprahlt, eher eine Ergänzung. Ich habe gelernt, dass es für uns in der alt-katholischen Kirche (wie auch anderswo), zwei spirituelle Zustände gibt, nämlich, salopp gesagt, das Gemeindeleben und die »Wüste«. Mit ersterem ist die Begegnung mit Gott in der Gemeinschaft und das Miteinander bezeichnet und das zweite meint den Rückzug (in die Wüste), das alleinige Suchen nach Gott, die Kontemplation. Beides ist wichtig, wobei ich persönlich (und das ist kein Geheimnis) eher dem zweiten zugeneigt bin. 

Und bei diesen sieben Thesen fällt auf, dass sie sich in erster Linie mit dem Gemeindeleben beschäftigen. Dagegen ist nichts zu sagen, außer dass dazu ein Gemeindeleben da sein muss. In der jetzigen Situation mit Corona haben wir eher das Wüstenszenario. Das Leben in der Gemeinschaft speist sich im Augenblick vor allem aus Gottesdiensten, die im Lifestreaming stattfinden oder als Formulare für Hausandachten. Oder als Impulse via Youtube oder Podcast. So gut es eben geht und besser als nix — schon klar. 

Interessanterweise funktioniert das (für MICH, muss ich immer dazu sagen) dann am besten, wenn es nicht als Ersatz für etwas steht (zum Beispiel »Geistergottesdienste«), sondern als eigene Form: Zum Beispiel… 

Das Zoom-Kirchenkaffee. Oder auch – zeitlos – die Signal-Variante. Der Newsletter von Richard Rohr. Die 2-Minuten-Impulse von Nadia Bolz-Weber. Die Münsteraner Zoom-Bibelstunde. Die Predigtpodcasts vom Vinyard Basel. 

Das sind so die Quellen, die ich gut finde und die mich nähren. Weil das Nachdenken, das Beten, das mache ich alleine (Matth. 6, 6). Wohlgemerkt: Ich stehe sofort auf der Matte, wenn die Gottesdienste wieder losgehen! Hey, das ist superwichtig und der absolute Mittelpunkt des alt-katholischen Lebens. Schon, weil es keine Sakramente online geben kann. Never ever! Auch habe ich mir nie träumen lassen, dass ich den Gesang vermissen werde. Die Psalmen! Das ist in den 5 Jahren, die ich jetzt mehr oder weniger mittwochs zum Gottesdienst komme, mir sehr wichtig geworden (und dass ich das mittlerweile in dem Jahr »ohne« hoffentlich nicht verlernt habe).

Und trotzdem hoffe ich, dass sich die digitale Kultur nicht ganz verliert, wenn wir wieder in die Kirche können… Dass wir das Gute daran mitnehmen können. Zum Beispiel, dass wir im Zoom nicht an einen Ort gebunden sind. Dass wir Impulse per Video auch mehrmals abspielen können. Dass einen Newsletter regelmäßig erreichen und dass dadurch ein täglicher Anreiz da ist. Ich könnte mir vorstellen, dass mit ein bisschen Aufwand ziemlich viel zu erreichen wäre. Dass dadurch auch Leute angesprochen werden können, die Spiritualität anders als nur sonntags um halb elf erleben wollen. Sondern jeden Tag im Alltag. 

Also die These: Kirche muss digitale Kanäle sinnvoll nutzen in Zukunft. Orts- und zeitunabhängig. 

Zum Beispiel einen Newsletter. Also ich würde mich freuen, wenn es für jeden (Werk-) Tag die Bibelstellen der Lesung, eine oder zwei Zitatzeilen, einen kleinen Impuls dazu und ein Gebet gäbe. Sowas wie der von Richard Rohr finde ich gut, aber ist mir auch oft zu viel (Text). Je kürzer, desto besser. Natürlich muss es gemacht werden, das muss jemand administrieren und losschicken und verwalten, aber die Impulse könnten doch auch von uns kommen. Vom Kirchenvolk – von der Basis. Von den Abonnenten. 

Das wäre doch ein guter Anfang, uns (die »Wüst-linge«) auch in den Zeiten zwischen Gottesdiensten (die zur Zeit schmerzlich weit auseinanderliegen) mit geistiger Nahrung zu versorgen. Vielleicht für alle, die sonst gar nicht in die Kirche gehen. Auch (oder gerade) die, die offiziell gar nicht bei den Alt-Katholiken sind. 

Ganz sicher ist das ein Thema, das von dem Engagement der einzelnen Gemeinden auf das Bistum zielt. Vielleicht wäre das ja sogar eine Idee für die Synode?


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