Osterspaziergang 2021

Naja. Eigentlich war der Spaziergang, bei dem diese Bilder entstanden sind, nicht an Ostern, sondern eine Woche danach. Und die Gedanken, die dazu führten, hatte ich in genau dieser einen Woche. Aber Ostern ist ja schließlich nicht nur an Ostern... doch ich greife vor – jetzt mal lieber der Reihe nach…



Es fing damit an, dass ich hörte, ein Schwager von mir hätte seine Arbeitsstelle gewechselt. Nach über 20 Jahren und mitten in der Coronakrise. Und das mit Anfang 60. Ein anderer Schwager hat schon letztes Jahr gekündigt und bei einem anderen Arbeitgeber angefangen, kurz nach seinem 63. Geburtstag. Ich weiß nicht, ob ich mir das nur einbilde, aber solche Geschichten höre ich in letzter Zeit öfters. Mitten im Lockdown etwas Neues anzufangen?




Dann gab es am Mittwoch das »Bibel teilen« (per Internetkonferenz) der alt-katholischen Gemeinde Münster. Thema war der »Gang nach Emmaus« (Lukas 24, 13-35) und dabei kam die Frage auf, warum die beiden Jünger Jesus nicht erkannt haben, obwohl er die ganze Zeit da war und mit ihnen sprach. Auch anderen ging es so. Beim »Frühstück in Tiberias« zum Beispiel, und selbst Maria von Magdala, von der anzunehmen ist, dass sie Jesus gut kannte, hielt ihn am Morgen seiner Auferstehung für einen Gärtner? Ist das nicht sehr seltsam?

Dazu kommt noch, dass ich zwar die ganze Fastenzeit über mit dem Kalender von Mary DeTurris Poust, »Lent«, verbrachte, für jeden Tag eine Lesung, ein Impuls, eine Meditation und ein Gebet. Und die Karwoche habe ich in der Berliner Gemeinde mitgemacht, teilweise mitgestaltet. Aber Ostern, die Auferstehung selbst, war merkwürdig leer dieses Jahr. Dabei fiel mir auf, dass ich zwar weiß und mit ganzem Herzen glaube, dass Jesus Christus auferstanden ist an Ostern. 

Und die ganze Zeit vorher verbrachte ich mit Gebet und Meditation und innerer Einkehr (was mir sehr gut tat), nur an Ostern... das Grab ist leer, es ist alles vollbracht. Der Gottesdienst, der an Gründonnerstag anfing, geht am Ostermorgen zu Ende. Schön. Und was jetzt?


Und zuletzt Lady Gaga. Die kennt Ihr bestimmt alle. Das ist die Sängerin mit den überdrehten Kostümen und den komischen Hüten. Erinnert Ihr Euch an das Kleid aus Fleisch? Genau, die ist das. Die hat auch diesen Film gemacht »A Star Is Born« mit Bradley Cooper. Ein ganz schöner Film. Das Duett daraus, »Shallow«  - ich hatte mir vorgenommen es auf der Gitarre zu spielen und (natürlich nur den männlichen Part) zu singen. 

Darin heißt es (frei übersetzt): »… bist du glücklich … oder brauchst du mehr… suchst du etwas anderes? … in guten Zeiten habe ich Sehnsucht nach Veränderung und in schlechten fürchte ich mich vor mir selbst…«. Und dann springen die beiden (immer noch im Lied) aus dem flachen Wasser in die Tiefe: »… ich lass mich fallen, sehe zu, wie ich eintauche… den Grund nicht mehr erreiche…« - ging mir noch eine Weile durch den Kopf, nachdem ich die Gitarre wieder weggestellt hatte. 

Klar, da geht es um Veränderung und darum, sich darauf einzulassen. Und zwar so, dass es kein Zurück mehr gibt. Ok und was ist dann? Jetzt nicht nur im Film, sondern überhaupt? Was passiert, wenn wir dem nachgeben?

Und plötzlich sehe ich es, sehe das, was schon die ganze Zeit da war, nur habe ich es nicht wahrgenommen: Dann geschieht die Wandlung.

Wandlung. Natürlich. Das ist so trivial, so banal, so offensichtlich. Aber es ist der Kernpunkt des ganzen Oster-Geschehens. Jesus Christus ist verwandelt. Deshalb erkennen ihn die Jünger und Jüngerinnen nicht. Und das war nicht nur in der biblischen Geschichte vor 2000 Jahren so. Die Idee von Ostern ist nicht nur einmal geschehen und dann vorbei: sie wiederholt sich.
Und: Es braucht den ganzen Prozess vorher: Das heißt, die komplette vorösterliche Bußzeit, die Karwoche mit dem unsäglichen Leid, dem Tod, dem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, das leere Grab am Ostermorgen. Das alles ist notwendig, damit Wandlung geschehen kann. Es ist ein symbolischer Akt. Es passiert immer wieder. Erinnert werden wir durch die Eucharistie: auch dort geschieht die Wandlung immer von neuem.

Ebenso in der Natur: Die Bilder, die ich auf dem Spaziergang gemacht habe (nicht an Ostern, aber es ist »Ostern« fotografiert), zeigen die Wandlung, die sich jedes Jahr um uns herum (und in uns) vollzieht. Mit ein bisschen Licht und Wasser grünt und blüht es an allen Ecken und Enden um die Wette. Ist das nicht ein Wunder? Dass es wieder und wieder passiert?

Und vor allem ist dieses Prinzip auch nicht von Alter, gesellschaftlicher Stellung oder gar finanzieller Ausstattung abhängig Wir alle können uns verändern, wir alle können verwandelt werden. Immer wieder.


Kommentare

  1. Danke, das ist sehr aufbauend!
    Mir geht es auch oft so, dass ich 40 Tage lang auf Ostern hinarbeite und dann ist dort, wo eigentlich die Freude vorgesehen ist, eine Leere. Als ob die Seele an Karfreitag oder Karsonnabend stehen bliebe. Manchmal kommt dann Tage oder Wochen später so ein "Oster-Erlebnis". Dieses Jahr war es glücklicher Weise schon am Abend des Ostersonntages so, dass ich etwas von diesem Geheminmis der Wandlung spüren durfte...
    Naja, nun sind geht die Osterzeit zu Ende, schauen wir mal, was uns Pfingsten dieses Jahr sagen will.

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