Halbzeit und wilder Honig
Wir
befinden uns in der Mitte des Jahres. Heute, am 24. Juni gedenkt die
Kirche der Geburt von Johannes dem Täufer. Bei der Wahl des Termins
wurde nichts dem Zufall überlassen: Heute ist ein halbes Jahr vor
Weihnachten, es gibt für diesen Tag sogar den Begriff
„Sommerweihnacht“.
Von
nun an werden die Tage wieder kürzer, sie nehmen ab. Johannes
der Täufer sagt über Jesus: „Er muss wachsen, ich aber muss
abnehmen.“ (Joh 3, 30)
Das
Jahr bewegt sich auf Christus hin. Er
muss wachsen, ich aber muss abnehmen.
Einer, der uns auf diesem Weg begleitet, ist Johannes er Täufer.
In
der Mitte dieses Jahres 2020 dürfen wir inne halten, zurückblicken
und auch nach vorne schauen. Trotz verschobener
Fußball-Weltmeisterschaft bediene ich mich kurz der Sprache des
Fußballs: Wir befinden uns in der Halbzeitpause des Jahres. Die
erste Halbzeit lief für uns alle ganz anders als wir es auch nur
ahnen konnten. Zwar wussten wir, dass es keinen „leichten Gegner“
gibt. Aber dass ein mikroskopisch kleines Virus das Spiel dermaßen
dominiert, ist mehr als eine Überraschung. Hoffentlich können wir
die Halbzeitpause nutzen, um mit neuer Kraft und mit Fairplay
optimistisch die zweite Hälfte angehen zu können. Ich finde es
tröstlich, dass dieses Jahr noch eine zweite Halbzeit für uns
bereithält.
Lukas
3, 2 - 6
Johannes
lebte in der Wüste. Er zog durch die ganze Gegend am Jordan und
verkündete den Menschen:
»Lasst
euch taufen!
Ändert
euer Leben!
Gott
will euch eure Schuld vergeben!«
Genau
so steht es im Buch des Propheten Jesaja (40,3-5):
»Eine
Stimme ertönt in der Wüste: ›Macht den Weg bereit für den Herrn,
ebnet ihm die Straße. Jede Schlucht soll aufgefüllt werden und
jeder Berg und jeder Hügel abgetragen. Was krumm ist, muss gerade
werden und die unebenen Wege eben. Alle Welt soll sehen, dass Gott
die Rettung bringt.‹«
In
der Mitte dieses Jahres 2020 dürfen wir inne halten, zurückblicken
und auch nach vorne schauen. Trotz verschobener
Fußball-Weltmeisterschaft bediene ich mich kurz der Sprache des
Fußballs: Wir befinden uns in der Halbzeitpause des Jahres. Die
erste Halbzeit lief für uns alle ganz anders als wir es auch nur
ahnen konnten. Zwar wussten wir, dass es keinen „leichten Gegner“
gibt. Aber dass ein mikroskopisch kleines Virus das Spiel dermaßen
dominiert, ist mehr als eine Überraschung. Hoffentlich können wir
die Halbzeitpause nutzen, um mit neuer Kraft und mit Fairplay
optimistisch die zweite Hälfte angehen zu können. Ich finde es
tröstlich, dass dieses Jahr noch eine zweite Halbzeit für uns
bereithält.
Ob
Johannes der Täufer wohl Fußballfan gewesen wäre? Welches Team
hätte er unterstützt? In jedem Falle beeindruckt mich dieser
Johannes.
Er ist jemand, der aneckt. Er galt vor 2000 Jahren als Außenseiter,
als „krasser Typ“ und er würde wohl auch heute noch so
wahrgenommen werden. Es heißt über ihn, er lebte in der Wüste und
trug
ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine
Hüften. Und er aß Heuschrecken und wilden Honig.
Er
lebte in der Wüste… Wüsten
gab es zu allen Zeiten. Wir hier in Berlin dürfen da auch an die
Betonwüste mancher Wohngebiete denken. Vielleicht wäre Johannes
heute ein Punk in der Gropiusstadt oder in Marzahn – dort müsste
er ziemlich gut auf sich aufpassen…
Johannes
war unkonventionell angezogen und seine Ernährung war sehr einfach –
Heuschrecken und wilder Honig. Das entspricht in etwa dem, was wir
heute als Paleo-Ernährung bezeichnen.
Sein
Tun und Reden passt zu seinem Auftreten: Er ruft die Leute zur Umkehr
und legt sich dabei auch mit den Mächtigen an. Und genau das wird
ihm letztlich den Kopf kosten - im wahrsten Sinne des Wortes.
Wie
würde so einer heute auf uns wirken? Einer, der so abgerissen daher
kommt und uns als Schlangenbrut bezeichnet, uns zum radikalen
Neuanfang aufruft?
Wie
geht es Ihnen, wie geht es Euch damit? Was macht das mit mir, wenn
mich jemand konfrontiert und zu mir sagt: Dein Weg ist der falsche,
dreh Dich um und geh in die andere Richtung?
Das
können wichtige Schock-Erfahrungen sein. Oft führt so eine
Ansprache aber dazu, dass ich mich verschließe. Andersherum können
wir uns fragen:
Wo
bin ich dazu aufgerufen, unkonventionelle Wege zu gehen, zu mahnen,
wie Johannes ein klares, kritisches Wort auszusprechen?
Vielleicht auf eine Art, die mein Gegenüber gut annehmen kann…
Johannes
hat zwar in seinen Reden etwas Strenges. Er hat aber auch eine andere
Seite. Der Name Johannes bedeutet „Gott ist gnädig.“
Entscheidend dafür, dass wir heute noch über Johannes den Täufer
sprechen, ist sein Verhältnis zu Jesus. Johannes gilt als
Wegbereiter, als Vorläufer für Jesus. Das geht schon vor der Geburt
der beiden los: Die Mütter Maria und Elisabeth treffen sich,
begrüßen sich und dann sagt Maria zu Elisabeth: „Als ich deinen
Gruß hörte, sprang das Kind vor Freude in meinem Bauch.“
Etwa
30 Jahre später lässt Jesus sich taufen von Johannes. Die
christliche Taufe gab es noch nicht; Taufen ist hier zunächst ein
anderes Wort für Tauchen. Viele Menschen gehen zu Johannes, hören
seinen Reden zu und wollen ihr Leben ändern. Zum Zeichen für diesen
Neuanfang taucht Johannes sie mit dem Kopf ins Wasser und sie tauchen
als neue Menschen wieder auf.
Und
plötzlich kommt auch Jesus und will sich taufen lassen. Das ist eine
besondere Geste, denn damit stellt sich Jesus all den Menschen
gleich, die eine Sehnsucht nach Neuanfang haben.
Neuanfang
– Wo haben wir, wo habe ich diese Sehnsucht nach Neuanfang?
Jesus
taucht mit diesen Leuten, mit uns in das Wasser des Jordan. Er geht
von Anfang an mit auf den Wegen der Menschen, auch da wo es abgründig
wird. Ich finde es interessant, wie Jesus hier die Verhältnisse
umkehrt. Nicht er tauft, sondern er lässt sich taufen. Gott zeigt
seine Macht dadurch, dass er unaufdringlich bei den Menschen ist,
v.a. bei denen, die ganz unten sind.
Johannes
sagt über Jesus: Er
muss wachsen, ich aber muss abnehmen.
Johannes hatte ja auch Jünger. Doch statt sie an sich zu binden,
verweist er auf Jesus. In der sakralen Kunst sehen wir Johannes den
Täufer deshalb häufig mit einem Zeigefinger, der auf Jesus zeigt.
Oder
in der Fußball-Sprache: Johannes legt ein gutes Spiel vor, um sich
letztlich auswechseln zu lassen. Die gesamte Mannschaft und auch die
Öffentlichkeit wollte er aufwärmen für den, der dann neu ins Spiel
kommt: Jesus.
Das
Beispiel, das uns Johannes gibt, stellt auch uns heute vor Fragen:
Wann
und wo sind wir aufgerufen, Platz zu machen für Jesus, wie Johannes
der Täufer? Platz
machen für Neues, Platz für Wichtigeres, Platz für Gott in unserem
Leben.
Diese
Frage geht an jede und jeden einzelnen von uns, aber auch an uns
zusammen als Gemeinschaft, als Gemeinde, als Kirche.
Was
kann uns dabei helfen, immer wieder Platz zu machen für den, der in
unser Leben kommen will?
Carsten Albrecht
Stadtkloster Segen, Impuls zur Abendbesinnung am 24. Juni 2018 (Geburt Johannes des Täufers), überarbeitet im Juni 2020
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